Making-Of „Teeglas“

Tee stellt in immer wieder sehr schönes Thema in der Food-Fotografie dar. Nicht zuletzt deshalb, weil es so viele Variationsmöglichkeiten und Farben gibt.  Eine davon ist ein Tropfen, der sich beim Eintauchen von Zucker, Zitrone oder Kandis gibt.

Abbildung 1: Nikon D610, 60mm Brennweite, Blende F/3.2, ISO 400, 1/320s Belichtungszeit, kein Blitz.

Das Prinzip dabei ist nicht schwer. Sie brauchen kurze Verschlusszeiten von maximal 1/300s, besser noch kürzer. Und genau da beginnt das Problem. Wenn Sie nicht gerade über eine Profi-Ausrüstung verfügen mit der Sie sehr kurze Blitz-Synchronzeiten von mindestens 1/320s erreichen, gibt es nur zwei Möglichkeiten.

  1. Sie fotografieren in einem komplett dunklen Raum, so dass auch längere Belichtungszeiten durch die extrem kurze Abbrenndauer des Blitzes zu einer scharfen Abbildung der Bewegung führen.
  2. Sie nutzen keinen Blitz und versuchen ohne Blitzlicht ausreichend helles Licht für kurze Belichtungszeiten zu schaffen.

Tipp

Die erste Möglichkeit scheidet in der Praxis fast immer aus. Wenn Sie ohne minimales Restlicht auskommen möchten, sehen Sie selbst nicht, wo das Teeglas steht, um den Zucker hineinfallen zu lassen und Sie sehen auch nicht, wann Sie auf den Auslöser drücken müssen. Diese Version käme allenfalls in Frage, wenn Sie mit einem komplexen technischen Aufbau und mit Infrarot-Lichtschranke für die Auslösung der Kamera arbeiten möchten.

Exkurs: Die Bedeutung der Blitzsynchronzeit für Aufnahmen mit Bewegung

Solche Aufnahmen lassen sich nur dann mit Blitzlicht oder Studioblitzgeräten realisieren, wenn Ihre Kamera eine sehr kurze Blitzsynchronzeit hat. Moderne SLR- und MFT-Kameras haben in der Regel eine Blitzsynchronzeit von 1/160s. bis 1/320s. Nur wenige Modelle schaffen noch kürzere Verschlusszeiten mit Blitz. Das Problem dabei ist nicht die Verschlusszeit an sich, sondern die Geschwindigkeit des Verschlussvorhangs. Die Blitzsynchronzeit gibt die minimale Zeitspanne an, in der der Verschlussvorhang komplett über die ganze Sensorfläche geöffnet ist.
Wenn Sie eine kürzere Verschlusszeit wählen, als die Blitz-Synchronzeit, bedeutet dies, dass nur ein Teil des Sensors mit dem Licht des Blitzes belichtet wird. Das heißt, oben oder unten, bei manchen Kameras auch seitlich ist ein unter- oder gar nicht belichteter Bereich zu sehen. Bei den meisten Kameras lässt sich das aber auch nur mit externen Studioblitzgeräten einstellen, weil sie verhindern, dass mit Aufsteckblitz eine kürzere Verschlusszeit eingestellt wird.
Es gibt aber Kameras die neben dem mechanischen Verschluss einen elektronischen haben. Diese Kameras können gegebenenfalls in den Aufnahmemodi mit elektronischem Verschluss auch extrem kurze Belichtungszeiten realisieren. Ziehen Sie dazu am besten die Bedienungsanleitung Ihrer Kamera zu Rate.

Abbildung 2: Nikon D610, 60mm Brennweite, Blende F/3.2, ISO 200, 1/320s Belichtungszeit, Studio-Blitz, die Abschattung unten ist das Resultat der zu kurzen Belichtungszeit für die Blitzsynchronzeit von 1/160s.

Was Sie benötigen …

Sie benötigen ein helles Dauerlicht. Entweder eine sehr helle Studio-Tageslichtlampe oder bspw. eine LED Videoleuchte. Darüber hinaus ist eine großflächige Leuchte von oben für einen gleichmäßigere Ausleuchtung sinnvoll. Hier war es das Einstelllicht eines Studioblitzes mit Softbox.

Außerdem brauchen Sie zum Auslösen der Kamera einen Fern- oder Kabelauslöser, mit dem Sie die Kamera möglichst auch im Serienbildmodus auslösen können und ein Stativ, auf dem Sie die Kamera fixieren.

Wenn Sie wie im Beispiel einen Hintergrund haben möchten, der in der Dunkelheit verschwindet, dann brauchen sie einen dunklen möglichst reflexionsarmen Hintergrund, den Sie so platzieren, dass er nicht von Ihren Lichtquellen angestrahlt wird. Im Beispiel war dies eine schwarze Fleece-Decke

Schritt 1: Die Vorbereitungen

Polieren Sie die Tasse, so dass sie streifenfrei und ohne Fuseln ist. Kochen Sie parallel dazu den Tee. Dabei sollten Sie Teebeuteln den Vorzug geben, denn bei losem Tee befinden sich oft kleine Partikel im Teeglas, die nicht mit einem Teeei oder Teesieb ausgefiltert werden und den Tee trüb erscheinen lassen. Stellen Sie alles bereit, was Sie benötigen. Platzieren Sie die gewünschte Dekoration im Umfeld der noch leeren Tasse, so dass Sie einen Aufbau haben, der Ihren Vorstellungen entspricht. Und wenn Sie neben den Fotos mit dem spritzenden Tee auch andere Varianten machen möchten, sollten Sie die zuerst machen, bevor Ihre Dekoration zig mal gesäubert werden muss.

Tipp

Bedenken Sie, dass beim Hineinwerfen von Zucker in den Tee, die Spritzer natürlich auch das Umfeld treffen. Bei der Wahl der Dekoration, sollten Sie daher Materialen verwenden, auf denen nicht jeder Spritzer sofort sichtbar ist, ansonsten müssten Sie die Dekoration nach jedem Versuch austauschen.

Schritt 2: Licht einstellen

Nun sollten Sie die Beleuchtung einstellen. Im Beispiel hat eine LED-Videoleuchte links gestanden und das Set angestrahlt. Von links vorne hat das Einstelllicht eines Studioblitzes das Set weich ausgeleuchtet. Steht das Licht, müssen Sie noch die Kamera passend einstellen. Für eine kurze Verschlusszeit macht es in der Regel Sinn den ISO-Wert auf 200 bis 320 zu setzen, bei den meisten Vollformatkameras ist auch ISO 400 noch ein brauchbarer Wert.

Im Programm „S“ Blendenautomatik bzw. Zeitvorwahl, können Sie nun die gewünschte Belichtungszeit einstellen, länger als 1/320s. sollte die in der Regel nicht sein, denn dann würden Tropfen und Spritzer Bewegungsunschärfe aufweisen.

Tipp

Wenn Sie einen Polfilter auf dem Objektiv haben, nehmen Sie ihn ab, denn der schluckt auch noch eine Menge Licht. Reicht das noch nicht, um die kurzen Verschlusszeiten zu erreichen, wählen Sie unter Umständen ein anderes Objektiv. Je kleiner die Brennweite und je näher Sie am Motiv sind, desto besser können Sie das vorhandene Licht nutzen. Auch ein lichtstärkeres Objektiv kann eine Menge bringen. Wenn Sie statt Blende F/5.6 Blende F/4.0 oder F/3.2 nutzen können, verkürzt das die Belichtungszeit erheblich und bei kleineren Brennweiten, bleibt dennoch ausreichend Schärfentiefe. Sollte das immer noch nicht ausreichen, können Sie durchaus eine Unterbelichtung um bis zu 0,7 Blendenstufen akzeptieren und die Bilder später am PC etwas aufhellen.

Machen Sie mit den gewählten Einstellungen eine Probeaufnahme, um gegebenenfalls noch Korrekturen vornehmen zu können.

Abbildung 3: Um die Einstellungen für das Licht zu testen, ist noch nicht die spätere Perspektive und der Bildausschnitt relevant.

Füllen Sie den Tee ein und zwar bis relativ weit oben in der Tasse. Ist der Flüssigkeitsspiegel zu niedrig sind die Spritzer unscharf, weil Sie nicht korrekt fokussieren können.

Tipp

Falls Sie möchten, dass auf dem Bild der Dampf vom heißen Tee sichtbar ist, und Sie dies auf „natürliche“ Art und Weise realisieren möchten, sorgen Sie dafür, dass der Tee kocht, wenn Sie ihn einfüllen. Zudem sollte dann auch die Raumtemperatur sehr niedrig sein. Besonders gut sichtbar ist der Dampf dann jedoch nur, bei einem dunklen Hintergrund und einem Streiflicht von seitlich hinten, dass auch den Dampf umfasst. Sie haben dann in jeden Fall nur wenige Sekunden nach eingießen des Tees, in denen sich genug Dampf entwickelt.

Stellen Sie nun die Kamera auf ein Stativ und schließen Sie den Fernauslöser an. Richten Sie die Kamera so aus, dass Sie auf den Rand des Glases in etwa in der Mitte fokussieren können. Fokussieren Sie und stellen Sie dann am Objektiv oder der Kamera den manuellen Fokus ein, damit die Kamera nicht immer neu fokussieren muss und schneller auslösen kann.

Abbildung 4: Ungefähr auf diesen Punkt sollten Sie scharf stellen.

Hinweis

Für das Beispiel wurde die Kamera leicht von oben auf das Motiv gerichtet. Das hat den Vorteil, dass auch Wellen auf der Oberfläche vom Tee sichtbar werden. Der Nachteil ist allerdings, dass die Sie genug Schärfentiefe brauchen, damit lang gezogene Spritzer zumindest in weiten Teilen scharf sind. Wenn Sie frontal von vorne fotografieren, benötigen Sie weniger Schärfentiefe und können daher die Blende noch weiter öffnen, Bildet sich bei Auftreffen des Zuckers auf die Oberfläche aber eine schöne Krone oder etwas Vergleichbares, das nicht sehr weit über den Rand des Glases ragt, sehen Sie es später auf dem Bild kaum. Falls Sie dennoch von frontal von vorne fotografieren möchten, sorgen Sie für ausreichend Platz über dem Glas, denn sonst werden Spritzer unter Umständen am Bildrand abgeschnitten.

Nun müssen Sie sich mit dem Zucker, oder was auch immer Sie in den Tee werfen möchten, nur noch so postieren, dass Sie es möglichst mittig in die Tasse oder das Glas werfen können. Gleichzeitig drücken Sie den Auslöser und machen im optimalen Fall Serienaufnahmen, während Sie den Zucker mehrmals nacheinander in die Tasse fallen lassen. Halten Sie den Auslöser gedrückt macht die Kamera in regelmäßigen Abständen Fotos, so dass sie sich dem Takt anpassen können und so den optimalen Zeitpunkt zum Fallenlassen finden können.

Tipp

Wenn Sie nicht nur die Spritzer im Teeglas, die beim Auftreffen entstehen, scharf haben möchten, sondern auch das, was Sie in den Tee fallen lassen, brauchen Sie noch kürzere Verschlusszeiten, denn das was nach unten fällt ist in der Regel schneller als das, was von unten nach oben spritzt. Hierfür sind abhängig vom Gewicht dessen, was Sie in den Tee fallen lassen, Belichtungszeiten von 1/500s. und kürzer erforderlich.

Abbildung 5: Das mögliche Ergebnism, Nikon D610, 60mm Brennweite, Blende F/3.2, ISO 400, 1/320s Belichtungszeit, kein Blitz.

Zusammenfassung: Maßnahmen zur Reduzierung der Belichtungszeit

Um die Belichtungszeit zu reduzieren sind folgende Maßnahmen sinnvoll, die Reihenfolge, in der Sie sie nutzen sollten, ist allerdings von Ihrem Kamera-Modell abhängig. Je kleiner der Sensor, desto weniger sinnvoll ist in aller Regel die Erhöhung des ISO-Wertes.

  • Helleres Licht, Lichtquellen näher ans Motiv
  • Reflektoren nutzen, um vorhandenes Licht besser zu nutzen
  • Blende weiter öffnen, niedrigerer Blendenwert (beim Belichtungsprogramm „S“ wählt die Kamera die Blende).
  • Vorhandene Filter, insbesondere Polfilter abschrauben
  • Verzichten auf die Streulichtblende, sofern diese für die Lichtsituation nicht notwendig ist.
  • Lichtstärkeres Objektiv nutzen
  • Kleinere Brennweite und mehr Nähe zum Motiv
  • Höherer ISO-Wert